Mein Gepäck ist um ein Kilo leichter. Die Flasche Wein, die ich am zweiten Tag auf Vorrat gekauft und dann mitgeschleppt habe, ist nun leer. Gestern wurde der Abend noch spät mit meinem Mitcamper für eine Nacht und Fahrradreisenden Chrisitian. Jetzt weiß ich auch, dass Wesel einen protestantischen Dom hat. Gut zu wissen. Ein wunderschöner Abend. Wird er sich rächen? Der Harz steht auf dem Programm. Gleich am ersten starken Anstieg kommt mir ein Kleinwagen entgegen. Er kurbelt das Fenster runter und fragt mich, ob er mich hochziehen soll. Voller morgendlicher Energie sage ich natürlich ab. Das geht gegen die Fahrradreisenden Ehre. Jeder Kilometer will geradelt sein. Diese Aussage wird mir später nochmals durch den Kopf gehen. Der Weg heute ist landschaftlich einzigartig und es geht munter rauf und runter. Ich fahre durch viel Wald. Die Gerüche sind phänomenal. Ich glaube, so was nennt man Waldduschen. Jetzt wird mir auch klar, warum der Harz so heißt. Es riecht intensiv danach. Leider war der gefräßige Kollege Borkenkäfer hier sehr aktiv. Das lehrt : schnelle Aufforstung zahlt sich wohl so nicht aus. Das Waldduschen wird jedoch häufig mit einer starken Briese Knoblauchgeruch gewürzt. Bärlauch. Toll hier so in der Einsamkeit mit den Eindrücken. Jetzt verlasse ich die Alten Bundesländer. Sachsen Anhalt sei gegrüßt. Die alte Grenzmarkierung muss fotografiert werden. Im Stehen werde ich von einem rüstigen Rentnerehepaar mit Walking Stöcken angesprochen. Es scheint zu stimmen, dass sich Gegensätze anziehen. Wo wollen Sie denn hin? Antwort Moskau. Antwort NEIN Antwort DOCH ,... Frau : das ist ja wahnsinnig weit bis Moskau, aber toll. Er : Moskau und der Russe ist nicht meins. Ich bin hier hinter der Grenze aufgewachsen und weiß Bescheid. Sie : Toll, dass Sie mit dem Fahrrad fahren. Er : Fahrrad fahren ist nicht meins, ich habe Diesel im Blut. Und so weiter. Nach kurzer Deutsch - Deutscher Geschichtsstunde schwinge ich mich wieder aufs Rad für die letzen Kilometer nach Wernigerode, Ich muss Gas geben, irgendwie verdunkelt sich der Himmel. Immer noch hoch und runter und ich erinnere mich an das Angebot von heute Morgen. Würde ich jetzt immer noch nein sagen? Die Übernachtungsstation von heute wird viel später als geplant erreicht. Vielleicht liegt es an den über 900 Höhenmetern oder an der unerwarteten Geschichtsstunde. Aus Mangel an Campingplätzen (ehrlich) darf ich im Hotel Alte Brennerei übernachten. Ostalgie kommt hoch und ich bestelle Würzfleisch. Ich hoffe, ich komme heute ohne den wahrscheinlich hier obligatorischen Schnapps fit ins Bett. Aber dazu morgen mehr.
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Kommentare
Ich erinnere mich an den Tag, als wir den gleichen Weg geradelt sind :
Bis nach Bad Harzburg sehr anstrengend. Aber dann runter nach Wernigerode konnte man auch mal dem Blick übers Land genießen.....
Ich glaube, dass diese Etappe die schönste aber auch schwerste war...
WEITER SO..... Und bleib pannenfrei